Geschichte der Plastikmodellbausätze

Die Geschichte der Plastik Automodellbausätze geht im Wesentlichen auf die Firma Revell zurück. Revell fertigte seit 1947 Automodelle aus Plastik, welche zwar aus Einzelteilen hergestellt werden aber in der Fabrik zusammengesetzt wurden. 1951 wurde Lewis H. Glaser (Der Gründer von Revell) auf die Idee gebracht, dass er doch diese Automodelle auch als Bausätze anbieten sollte. Vorerst war er skeptisch, wieso sollte jemand ein unfertiges Modellauto kaufen. Als jedoch die Kaufhauskette Woolworth’s anbot, die Bausätze ins Sortiment zu nehmen, stimmte Glaser zu und brachte im August 1951 die „REVELL Highway Pioneers“ erfolgreich auf den Markt. Damit hatten Glaser und Revell massgeblich die Tür für den Plastikmodellbau als Breitenhobby geöffnet. Das Basteln von Plastikbausätzen („Kits“) wurde in den folgenden Jahrzehnten eine der führenden Freizeitbeschäftigungen in den USA und später auch in Westeuropa.

Revell, 1953 Highway Pioneers, First Issue

Im Jahre 1957 stiegen auch AMT und Jo-Han in die Produktion von Modellbaukits ein. Beide Firmen waren aktiv in der Herstellung von sogenannten ‚Promotional Cars‘ für die grossen amerikanischen Autohersteller. In den 50er Jahren realisierten die Autoverkäufer, dass ‹the little ones sell the big ones› oder mit dem Versprechen für ein gratis Spielzeugauto für die Kinder konnten die Familien in die Verkaufsräume und zu Testfahrten gelockt werden. Die meisten dieser Modelle waren als sogenannten ‘annuals kits’ bekannt, und waren die Bausatz-Version der Werbe-Modelle oder » Promos», die zusammen mit den neuen Autos jeweils am Anfang jedes Modelljahres eingeführt wurden.

Anfangs der 70er Jahre erreichte der Plastikmodellbau seinen Höhepunkt. Bei den Modellautos lösten vor allem die Druckguss Fertigmodelle die Bausätze ab. Einer nach dem anderen der Hersteller von Plastikbausätzen wurde aufgekauft. Heute gibt’s es zwar teilweise die bekannten Namen der ehemaligen Hersteller noch, sie sind aber in ein paar wenigen Firmen vereint und es werden wenig wirklich neue Bausätze, sondern mehrheitlich alte Bausätze wieder aufgelegt.

Nachfolgend eine Aufstellung und eine kurze Historie über die Vielzahl der Hersteller. Daraus lässt sich ermitteln wieso, die Herstellernamen häufig wechselten bzw. immer mehr Namen kombiniert auf den Verpackungen aufgedruckt waren, dank Internet lässt sich die Historie heute mehrheitlich ermitteln und man weiss dann wieso AMT auf einmal AMT-Ertl hiess oder Monogramm-Revell.  Für alle die das interessiert bitte weiterlesen.

USAEuropaAsien
Aurora Plastics Corporation, USAAirfix, EnglandAoshima, Japan
AMT (Aluminium Model Toys), USAESCI (Ente Scambi Coloniali Italiani), ItalienARII, Japan
Entex, USAHeller, FrankreichBandai, Japan
Ertl Company, USAItaleri, ItalienDoyusha, Japan
Hawk Model Company, USAMatchbox, EnglandFujimi, Japan
IMC (Industro Motive Corporation), USAHasegawa, Japan
Lindberg, USAIMAI, Japan
MPC (Model Products Corporation), USAMarusan, Japan
Monogram, USANichimo, Japan
O-lin, USANitto, Japan
Palmer, USAOtaki, Japan
Pyro, USATamyia, Japan
Revell, USA
Testors, USA
Varney Scale Models, USA

Wer stellte den ersten Plastikmodellbausatz noch vor Revell her?

Dazu kommen die Firmen Varney und Hawk in Frage. Eine weitere Firma die O-lin, war ebenfalls ganz vorne dabei. Es ist wohl schwierig genau herauszufinden wer nun wirklich der erste war, den es wurde zu dieser Zeit sehr wenig aufgeschrieben und protokolliert. Die Ideen entstanden und wurden gleich ausprobiert.

Plastikmodelle waren keine neue Idee, bereits 1934 zeigten und verkauften Phil und Dirk Mates, die Gründer der Hawk Model Company Plastikmodelle (Fertigmodelle und kleine Bausätze) an der Chicagoer Weltausstellung. Mitte der 30er Jahre und während dem zweiten Weltkrieg zeigt die Fa. FROG aus England handgemachte 1/72 Modellbausätze aus Acetat-Plastik und Metallteilen. Zur gleichen Zeit wurde in den USA intensiv am Plastikspritzguss entwickelt um damit auch Kriegsteile herzstellen. Darunter auch massstabsgetreue Flugzeugmodelle zur Schulung der Flugzeugerkennung. Diese über das ganze Land verteilten Ausbildungen bedurften einer grossen Menge von sogenannten Scale-Modellen (Massstabsgetreue Modelle von Originalen). Zu Beginn waren die Modelle aus Holz und handgemacht. Durch das Giessen der Modelle aus Spritzguss konnten die Modelle maschinell und in grösseren Menge hergestellt werden. Mehrere Firmen die Balsaholzmodelle produzierten wurden angefragt zur Produktion der Scale-Modelle. Die Fa. Hawk war eine davon. Die Mates Brüder lernten schnell die neue Technologie anzuwenden und stellten bspw. die Propeller aus Plastik her, für ihre bereits bekannten und perfekten Balsaholzmodelle.

Der Erfolg kommt mit der richtigen Vermarktung

Unerschrocken setzten Hawk und O-lin die Produktion von Plastikmodellbausätzen fort auf der Suche nach der rechten Verbindung zum kaufenden Publikum. Angespornt von Verkäufen über die Spielwarengeschäfte im 1947, 1948 brachte Hawk vier weitere Bausätze von Rennflugzeugen heraus, die alle in Acetat geformt wurden – die Gee-Bee, die Howard Ike, die Laird-Solution und die Supermarine S6B. Hawk machte den Umstieg auf Polystyrol im Jahr 1949 für die F-84 und Lockheed Constellation. Diese sechs Kits waren noch in den einteiligen Schachteln verpackt. Immer am Markt an vorderster Front konnten die Mates Brüder sehen, dass den Plastikmodellen die Zukunft gehören wird und im Jahr 1951 stellte sie die Produktion von Holz-Kit-Modelle ein.

Hawk, 1946 Curtiss-Racer R3C-2 First Issue

Ca. 1948/49 erweiterte O-lin das Sortiment um die Modelle der Piper Cub, die Republik Seabee und sechs weitere kleine Rennflieger.

Die schlechten Verkäufe veranlassten Gordon Varney, sich auf HO-Eisenbahnmodelle zu konzentrieren und er verkaufte deshalb seine Schiffs- und Flugzeugformen an O-lin, der die Kits modifizierte. Beim PT Boat und LST wurden ihre hölzernen Rümpfe durch vakuumgeformten Kunststoff ersetzt. Seltsamerweise wurden die hölzernen Rümpfe nicht als Vorlage benutzt – sie passen somit nicht zu den Kunststoffrümpfen. Die vorher aus Tenite hergestellten Kleinteile wurden jetzt in Polystyrol gegossen und die Metall- und Kartonteile blieben die gleichen. Die U-Boot und die PT-17 Formen wurden überarbeitet, so dass der feste Rumpf nun aus zwei Hälften gegossen werden konnte, dies, weil wahrscheinlich Polystyrol nicht gut genug geformt werden konnte, wenn es zu dick wird. Was auch immer der Grund war, die PT-17 gewann an Cockpit Details und schließlich bekam das Modell einen motorisierten Propeller aus der Umwandlung.

O-Lin, 1949 L.S.T Boat (ex Varney)

Varney, O-lin und Hawk hatten den Grundstein für eine der größten Hobby-Revolutionen gelegt, aber das Marketing entging ihnen. Dieses Problem wurde von Sol & Lou Kramer und Lew Glaser gelöst. Lew war Gründer von Revell (Präzision-Spezialist zu der Zeit) und die Kramer Brothers waren Hobby Distributoren. Sol und Lou waren seit den 1930er Jahren in das Hobbygeschäft involviert und verkauften Kits von Wurf- und Gummiaufzugsflugzeugen und arbeiteten später für die Burd Model Airplane Company. Sie hatten ein Auge für «das nächste grosse Ding» und es war im Februar 1951 auf der New York Spielzeugmesse, als Sol die «Highway Pioniere» entdeckte, also die als Präzisions-Modelle im Massstab 1/32 aus Acetat gefertigten Automobil-Kits von Lew Glaser. Im Sommer 1951 wurden die ‹Highway Pioniere› vom Woolworths Department Store ins Sortiment genommen. Sobald der Verkauf von Plastikbausätzen in Warenhäusern und Lebensmittelgeschäften eingeführt wurde, anstatt nur in Hobby-Geschäften wo sie sich schlecht verkaufen, änderte sich der gesamte Absatz. Eltern und Kinder fanden darin eine interessante und lehrreiche Freizeitbeschäftigung. Warenhäuser, Lebensmittelgeschäfte, Hardware, Kamera und Dutzende von anderen Filialen schafften schnell Platz für «Hobby-Ecken», wo Modelle, Farben und Zubehör fast über Nacht zum Verkaufshit wurden. Die Hobbygeschäfte wachten schließlich auf und der Boom war ausgelöst. Eine Umfrage in Boy’s Life Magazine in den 50er Jahren stellte fest, dass über 80% der Jungen den Bau von Plastikmodelle als ein Hobby angaben.

Hölzerne Kit-Hersteller wie Monogram und Strombecker hatten seit dem Zweiten Weltkrieg Plastikteile zu ihren Holzkitts hinzugefügt und würden bald auf Plastik-Kits umstellen. 1952 Lew Glaser, beeindruckt von den Verkäufen der Highway Pioniere, beschloss, den Firmennamen in Revell zu ändern und entwickelte eine ganze Reihe von Spritzguss-Kits. Sol Kramer wurde sein vertrauter Berater. 1953 erschien das erste eigene Modell von Revell, das Schlachtschiff USS Missouri. Aurora begann zu dieser Zeit auch die Produktion – die «Großen Drei» waren bereit, in den wachsenden Ansturm nach den Plastikmodellbausätzen zu befriedigen.

Revell, 1953 Schlachtschiff USS Missouri

Gordon Varney war 1953 der Sprecher einer Hobby-Handelskonvention. Er sagte, dass jeder, der jetzt nicht an Bord dieses Hobbies springt, im Sand versinken werde. Sieht aus, als hätte er wieder mal richtig getippt!